Aufgenommen im März 2013

Erdmannsdorf ist ein niederschlesischer Ort im Hirschberger Tal unweit des Riesengebirges. 1816 erwarb August Neidhardt von Gneisenau die hiesigen Güter. Durch den Architekten Josef Karl Raabe (1780-1846) ließ er das Schloss umbauen. Da er mit 1500 Schafen und 55 Rindern Viehzucht betrieb, wurden auch die Stallungen modernisiert und neue Vorwerke errichtet. Im Schloss ließ er für die Bedürftigen des Ortes sogar eine kostenlose Suppenküche einrichten.
Nach dem Tod Gneisenaus 1831 erwarb der preußische König Friedrich Wilhelm III. das Schloss und die Ländereien als Sommerresidenz. Dieser Erwerb zog weitere Käufe von Schlössern und Gütern im Hirschberger Tal durch die Königsfamilie und hohe preußische Beamte nach sich. So wurde der Erdmannsdorfer Park mit denen der benachbarten Schlösser Fischbach, Schildau, Buchwald u.s.w., durch den Gartenkünstler Peter Joseph Lenné zu einer zusammenhängenden Parklandschaft umgestaltet.
Schinkel wurde neben kleineren Entwürfen für Umbauten am Schloss und den Gütern (die durch den Schlossumbau Stülers jedoch nicht mehr erhalten sind), mit dem Entwurf einer Kirche betraut. Diese wurde in einiger Entfernung südlich vom Schloss errichtet. Die Bauleitung übernahm der junge Baukondukteur Frey. Bei einem Unglück am 8.Juni 1838 starben zehn Bauarbeiter. Sie wurden durch den Einsturz des Turmes unter den herabstürzenden Baumassen begraben. Die Unglücksursache konnte nicht ermittelt werden, trotzdem verkraftete Frey dieses Unglück nie, so das er 1840 verstarb.
Der König ließ die bisher fertiggestellte Kirche sicherheitshalber abtragen und nach den Schinkelschen Plänen neu errichten. Allerdings wurde das Kirchenschiff um zwei Fensterachsen erweitert und unter den Emporen wurde eine zusätzliche Fensterreihe eingefügt. An der östlichen Schmalseite befindet sich eine halbrunde Apsis. Die Fenster sind mit Rundbögen versehen. Das Dach ist flach gedeckt und weit überstehend und vermittelt leicht italienische Anklänge. Der hohe schlanke Turm ist als Campanile ausgeführt, der Landschaftsbestimmend ist. Da von hier aus eine schöne Aussicht in die Landschaft geplant war, wurde der Baugrund aufgeschüttet und vor der Kirche eine halbrunde Terrasse angelegt.
Im Inneren sind an den Wänden eingeschossige Emporen angebracht. Der Blick in den Dachraum ist frei. Die Dachkonstruktion ist mit durchbrochenem Maßwerk versehen und gewähren einen schönen Blick auf die mit Sternen versehene blaue Decke.
Nach dem Tod Friedrich Wilhelm III. ließ sein Nachfolger, König Friedrich Wilhelm IV., den Kirchturm erhöhen und einen schlanken, achteckigen Spitzhelm aufsetzen. Des Weiteren bekam der Turmeingang einen Portikus, der von zwei antiken Marmorsäulen aus Pompeji getragen wird. Diese Arbeiten führte der Nachfolger Schinkels, Friedrich August Stüler durch.
1837/38 wurden im Ort protestantische Glaubensflüchtlinge aus dem Tirol angesiedelt. Der König gewährte ihnen Zuflucht, gab ihnen Land und ließ Häuser nach Tiroler Vorbild errichten. Daher hat sich später der Name Zillerthal-Erdmannsdorf eingebürgert. Tiroler- und Schweizerhäuser waren damals übrigens in ganz Europa sehr beliebt. Oft wurden diese als Gärtnerhäuser oder Ausflugslokale errichtet. Auch Schinkel hat Schweizerhäuser entworfen. Eines kann z.B. noch auf der Pfaueninsel in Berlin besichtigt werden.

(Quellen: Andreas Bernhard; Gert Streit: Karl Friedrich Schinkel, Führer zu seinen Bauten, Band2;
Prof. Dr. Olgierd Czerner und Prof. Dr. Arno Herzig; Das Tal der Schlösser und Gärten, Das Hirschberger Tal in Schlesien - ein gemeinsames Kulturerbe)